[Bücher über mit dem Rad zu befahrende Pässe in den Alpen gibt es viele. Als echtes Nachschlagewerk taugt aber nur eines: „100 Alpenpässe mit dem Rennrad“ von Rudolf Geser. Also, auf geht’s.]
[09.06.2025] Den Abschluss meiner kleinen Pfingsttour in die Dolomiten sollte der Passo Rolle bilden. Die Anfahrt war dabei von Süden über Fiera di Primiero geplant. Diese Auffahrt galt landschaftlich als etwas schöner. Laut Roadbook ging es dabei auf einer Distanz von 20 km relativ gleichbleibend ca. 1260 m nach oben.

Anders als gestern, wo wir nur einmal hoch zur Marmolada und den gleichen Weg wieder runter sind, hatten wir heute den ganzen Tag Zeit, sodass wir eine schöne Runde bauen konnten. Als Startort hatte ich das kleine Örtchen Cencenighe Agordino ausgeguckt. Das war ein kleines Stück flussabwärts von unserem Übernachtungsplatz bei Alleghe. Wir kamen morgens genau richtig an, um den lokalen Lebensmittelladen mit der Öffnungszeit um acht zu betreten, um uns für’s Frühstück einzudecken. Mitten im Ort gab es kleinen netten Parkplatz, hier frühstückten wir schön und machten uns fertig. Kurz vor 9 ging es dann los …
Zum Einrollen ging es zunächst das Flusstal weiter nach Süden bis Agordo. Von dort führte uns eine wunderschöne kleine und schon ganz ordentlich hügelige Straße nach Fiera di Primiero, dem Ausgangspunkt des Anstiegs. Es wurde dabei immer deutlicher, dass es heute ein sehr sommerlicher Tag werden sollte. Am Ortsausgang von Fiera di Primiero fotografierte mein Begleiter dann noch das Schild, was die entscheidenden Daten preisgab: 21 km, 1250 Hm, oder so ähnlich, auf ging’s …

Zunächst schlängelte sich die hier noch relativ stark befahrene Straße an der Schattenseite des Tales durch den Wald. Das sollte bis zum Wintersportort San Martino di Castrozza auch so bleiben, der etwa auf der Hälfte des Anstieges lag. In diesem ausgedehnten Ort gab es ein klein wenig Verwirrung mit der Routenführung: Die Hauptstraße wurde gerade in einem Abschnitt erneuert, die Beschilderung für die Umfahrung im Ort hatte sich für mich aber logisch nicht erschlossen. Am Ende bin ich ein paar kleine Gassen durch den Touristenort gefahren, um am Ende wieder kurz vor dem Ortsausgang auf die Straße Richtung Pass zu kommen. Den Ort verlässt man dann mit einer Kehrengruppe, die auch mal 10% Steigung leicht touchiert. Spätestens ab jetzt wurde es auch sonniger: Nicht vom Wetter her, das war schon die ganze Zeit entsprechend, aber die Bewaldung wurde Stück für Stück luftiger, bergiger, alpiner … Mindestens das Gefühl, Wasser zu brauchen, stieg in gleicher Weise an: Ich begann Ausschau nach einer Quelle oder einem Bach zu halten, der die Straße quert, um meine Flaschen mit dem kühlen Nass auffüllen zu können. Irgendwann kam eine solche schöne Stelle, schnell ein paar Schluck, dann die Flaschen aufgefüllt – in dem Maße gebraucht habe ich die am Ende nicht, war wohl doch eher eine Kopfgeschichte 🙂

Mit dem langsamen Verlassen der Waldgrenze arbeiteten sich die Felsmassive rund um die Passhöhe deutlich hervor. Verkehr gab es hier nun kaum noch, wir hatten die gut ausgebaute Straße faktisch für uns allein. Bevor man an der Passhöhe ankommt, durchquert auf dem letzten, fast komplett flachen Kilometer ein kleines Höhental. Dort fanden gerade relativ massive Bauarbeiten für die Verlagerung der Straße statt, was genau und warum da geplant war, hatte sich mir irgendwie nicht erschlossen. Mit einer letzten, nur noch kleinen Welle verlässt man dann dieses Tal und überquert mit dem Passo Rolle den Kamm. Mein Partner war schon ein paar Minuten früher oben gewesen und ruhte sich im Schatten aus.
Gemeinsam machten wir uns noch auf die Suche nach einer Imbissmöglichkeit. So richtig gab es nichts, nur ein kleines Lokal mit einem immerhin netten Biergarten. Was Vernünftiges zu essen gab es aber nicht, nur eingepackte Semmeln mit einer Käsescheibe drauf, nun ja. Ist halt noch alles auf Wintersport ausgelegt, im Winter gibt es dann neben den verschiedenen zusätzlichen Getränken sicher auch ansprechende Speisen.
Der Passo Rolle war aber gar nicht der höchste Punkt unserer Tour. Der kam noch anschließend mit dem deutlich weniger bekannten Passo Valles (2032 Hm). Den mussten wir nehmen, um wieder zurück zum Ausgangspunkt zu kommen. Das war aber überhaupt kein Übel, ganz im Gegenteil: Nach einer relativ kurzen Abfahrt zweigte es nach rechts ab und führte durch wiederholt fantastische Landschaft wieder nach oben. Der Verkehr war hier noch weniger, falls das überhaupt ging, und alles wirkte irgendwie noch lieblicher: Direkt neben der Straße plätscherte ein Bach über Felsbrocken, wie es kein Maler der Romantik kitschiger hätte auf Leinwand bringen können.

Oben angekommen, machten wir noch einmal kurz Halt, bevor es dann auf die kaum endende Abfahrt bis letztlich hinunter nach Cencenighe Agordino ging. Unser Lebensmittelladen vom Frühstück hatte auch noch auf: Als Belohnung für die Königsetappe heute gönnten wir uns eine große Packung Eis, die wir zusammen auslöffelten. So muss das sein …
Damit war der letzte Tag der Pfingsttour Geschichte. Zumindest sportlich gesehen. Ein paar Kilometer des morgigen langen Rückweges mit dem Auto wollten wir gleich heute noch zurücklegen. Es bot sich dabei an, beim Firmen-Outlet von La Sportiva im Val die Fiemme vorbeizuschauen. Da musste mich mein Begleiter nicht lange dazu überreden. Was Nettes zum Einkehren zum Abendbrot haben wir dann anschließend leider nicht gefunden. Daher wieder Nudeln auf dem Kocher neben unserem Bus. Dafür hatten wir zum Abschied wieder einen fantastischen Stellplatz für die Nacht: Auf dem Passo Lavazè mit schönem Blick in die untergehende Sonne. Schon gar nicht so schlecht hier.
