Vor ein paar Jahren war ich zufällig über die Webseite von HallzigExpress gestolpert, einem Radverein aus der Region Halle/Leipzig. Neben anderen Veranstaltungen organisierten diese eine Benefizsternfahrt auf den Brocken. Ich kam da gerade von einem Radurlaub in den Dolomiten und dachte, dass ich ausreichend fit sein sollte für eine Strecke von ca. 250 km von Potsdam aus, inklusive dem Anstieg auf den Brocken am Ende. 2019 war das, und naja, ich hab’s geschafft, sehnte mich aber dann in der Jugendherberge Wernigerode endlich danach, duschen und die Klamotten wechseln zu können. Dem grundentspannten Organisator, der seelenruhig die Zimmerschlüssel vergab, gefiel mein Stress da nicht 🙂 Noch an dem Abend haben wir uns beim Bier versöhnt und für mich stand fest, dass dies nicht das letzte Mal gewesen sei.
Dann kam der ganze Pandemie-Mist und eine offizielle B-Rocken-Fahrt gab es zwei Jahre nicht, nur ein paar Verwegene gingen das selbstorganisiert an. 2022 passte mir der Termin nicht, aber dieses Jahr hat es funktioniert. Und was soll ich sagen: Ein wunderbares Abenteuerwochenende liegt hinter mir! Die Gruppe ab Potsdam war mit 22 Menschen (davon zwei Frauen) etwas kleiner als 2019, dafür homogener, sodass sich mehr Leute in den Wind gehangen haben. Das war auch nötig, denn diesmal gab es Wind von vorn statt von hinten. Die drei Verpflegungspausen mit Sachen aus dem Begleitauto waren diesmal an Tankstellen, sodass dort auch gleich noch die Infrastruktur genutzt werden konnte. Am Fuße des Harzes in Blankenburg angekommen, der Stelle, ab der „freie Fahrt“ für die Schnellen ist, konnte jeder dann schauen, was nach bereits ca. 9 Stunden auf dem Rad noch in den Beinen steckte. Der „social ride“ als Gesamtgruppe war zwar damit beendet, es fanden sich aber kleinere Gruppen, die sich gegenseitig bis nach Schierke manövrierten und dem zwischenzeitlichen Regen und zunehmendem Gegenwind auf den Harzhöhen trotzten.
Aufgrund einer Baustelle in Elend war der zentrale Sammelparkplatz für die Touren aus Leipzig, Hannover und Potsdam diesmal in Schierke. Dort konnte man sich nochmal verpflegen und ehrlich entscheiden, ob man den Brocken noch macht oder gleich wieder runter nach Wernigerode rollt. Nicht wenige entschieden sich gegen den Brocken, der mit Sturm- und Regenprognose auch nicht einladend war. Versprengt fanden sich aber dann doch ein paar Leute, die in den schönen Anstieg gingen. Dank des „Wetters“ war die Brockenstraße auch fast komplett frei von Wanderern, was man auch nicht so häufig hat. Kurz nach 17 Uhr war meine Mini-Gruppe dann oben. Die letzten Höhenmeter lag ich dann schon schräg in der Luft, weil ich mich gegen die stabilen Wind lehnen musste, um nicht umgepustet zu werden.
Sicht war null, aber egal: Fast genau 12 Stunden nach Abfahrt in Potsdam auf dem Brocken zu stehen und zu wissen, dass man das allein aus eigener Kraft und dem guten Support in der Gruppe geschafft hat, macht dann doch mindestens glücklich. Für Freundentränen war aber kaum Zeit, da es doch sehr unwirtlich oben auf dem Berg war. Die Abfahrt war nochmal ein besonderes Abenteuer: Seeehr stabiler Wind, feuchte Straße, neblig, und schon nach kurzer Zeit vor Kälte wackelnde Knie. Kein Moment für Rekordfahrten, bleibt aber dennoch in besonderer Erinnerung.
In Schierke war der Treffpunkt schon abgebaut, also konnte man gleich weiterrollen nach Wernigerode hinunter. In der Jugendherberge dann diesmal sehr entspannt den Zimmerschlüssel entgegengenommen, und es nach Duschen und Umziehen gerade noch zum Abendbrot geschafft, bevor das Buffett JH-typisch pünktlich abgeräumt wurde. In der anschließenden kleinen geselligen Runde mit den Veranstaltern ließ sich dann schön plaudern, Pläne schmieden und neue Ideen sammeln.
Das wir dann am Abend feststellten, dass es aktuell gar keine funktionierende Zugverbindung für den nächsten Tag zurück gab, gehörte noch mit zum Abenteuer. Die Strecke wieder komplett zurückzufahren war weder zeitlich noch motivationstechnisch drin. So entschieden wir uns, wenigstens bis Magdeburg am nächsten Tag zurückzufahren. Ohne nochmaligen Regenguss wäre es sicher noch schöner gewesen, die Beine wieder locker zu fahren, aber egal. Irgendwie war es dann doch ein sehr runder und gelungener Abschluss eines Wochenendes, was ich so schnell nicht vergessen werde.
Riesengroßen Dank an Sandra, die unser Begleitfahrzeug steuerte, Eric und dem netten Menschen aus El Salvador als umsichtige Road Captains unseres Peletons, dem freundlichen Mann aus Sachsen von der Motorrad-Begleitstaffel, und nicht zuletzt Oliver von HallzigExpress sowie den Mitfahrerinnen und Mitfahrer aus Potsdam. Am 13.07.2024 sehen wir uns hoffentlich wieder, Abfahrt 5 Uhr vor der ILB.