Es ist 4:27 Uhr, ein Sonnabend Ende Juni, ich stehe am Eisernen Denkmal in Behlendorf oberhalb vom nahegelegenen See. Es ist schon so hell, dass man keine Lampe mehr braucht. Neben mir steht Nic, er möchte dabei sein, wenn ich gleich auf meine Tour starte. 560 km Kilometer und 3500 Hm liegen vor mir, um am Ende des dritten Tages wieder genau hier anzukommen. Die Strecke ist zu sehr großen Teilen offroad. Ich weiß, dass ich manchmal auch werde schieben müssen. Der Track ist exakt vorgegeben und auf meinen Fahrradcomputer geladen, die Linie mit den zahlreichen Ecken werde ich die nächsten Stunden stoisch abfahren und mich an den insgesamt 16 Checkpoints digital per Smartphone registrieren.
Ich bin mit Schlafsack und Isomatte ausgestattet, aber ohne Zelt oder Hängematte. Das Wetter soll sehr gut sein, das passt schon.
Aufgeregt bin ich gar nicht, ich fühle mich gut vorbereitet und habe die Nacht vorher in Nics Kraftraum (kein Mist …) halbwegs gut geschlafen. Ich bin froh, dass es nun los geht und habe richtig Lust. Mein Essenseinkauf am Vortag war etwas panisch, ich kriege gar nicht alles verpackt und muss zunächst einen guten Teil in meiner Musette auf dem Rücken tragen. Ein Punkt, der rückblickend nicht optimal war, aber dazu später mehr.
Die Tour wird mich durch die Landkreise Märkisch-Oderland, Oberspreewald-Lausitz, Barnim und Uckermark führen. Eine schöne große, langgestreckte Runde zwischen dem Ballungsraum Berlin und der Oder. Sie wird mich u.a. durch abenteuerliche Täler, rund um wundervolle Waldseen und über historische, im Wald versteckte Pflasterstraßen führen. Nic hatte diese vor einigen Jahren gescoutet und dann irgendwann als Challenge online gestellt.
Analog dem bekannten Stoneman-Prinzip kann man diese in verschiedenen Kategorien bewältigen: Gold/Silber/Bronze in 3/4/5 Tagen oder komplett touristisch als „Sammler“, in dem man die einzelnen Abschnitte über das Jahr verteilt sammelt.
Für die jeweilige Einteilung der Tage in Streckenabschnitte gibt es auch konkrete Empfehlungen, verbunden mit Hinweisen auf mögliche Herbergen. Für mich sollte es „Gold“ sein: Die geplante Tagesaufteilung war etwa 220/200/140 km, das hieß, bei Start in Behlendorf wollte ich am ersten Tag bis Goyatz kommen. Und dann ging es endlich los …
Der erste Tag
Na, so richtig hell war es rückblickend noch nicht, als ich früh losradele. Gleich am Anfang kamen ein paar noch sehr feuchte Abschnitte im Wald, groß mit Druck fahren wäre kurz nach Start sowieso falsch gewesen, also erst einmal Atmosphäre aufnehmen … Irgendwann rollte es ganz gut und bereits bei meiner Ankunft am ersten Checkpoint in Lebus schien schon gut die Sonne. Ein nettes Plätzchen mit erhöhtem Blick auf die Oder-Niederungen, sehr, sehr hübsch. Im nächsten Abschnitt sollte es aber noch hübscher werden: Ein Single-Trail-Pfad entlang von Abbruchkanten der westlichen Oderhänge, an den ich schon gut ins Schwitzen kam, weil ich gefühlt auch alle Anstiege in dem Abschnitt geschoben habe. Mit dem Gepäck schien mir das nicht fahrbar, und voll verausgaben wollte ich mich auch nicht.
Von der Oder ging es dann wieder etwas in Landesinnere. Hier rollte es wieder etwas besser, bis sich bei Müllrose schon das Schlaubetal ankündigte, durch das die Strecke über einen längeren Abschnitt ging. War ihr da schon mal? Ich bisher nicht, und ich hatte irgendwie völlig andere Vorstellungen davon. Ich dachte an ein großes Bachtal mit üppiger Vegetation und breiten, gut befahrbaren Wegen. Gut, die Vegetation stimmte halbwegs. Aber das Bachtal weitete sich an vielen Stellen zu langgestreckten Seen, sodass man manchmal den Eindruck hatte, plötzlich in Skandinavien zu sein. Der Weg erwies sich als extrem wurzelig und winkelig. An vernünftiges Rollen war kaum zu denken, aber immerhin musste man nur ein, zwei Stellen aufgrund von Stufen vom Rad absteigen. Ich entschied mich also, entspannt zu bleiben und die Landschaft zu genießen. Insbesondere die inzwischen gut zu spürende Kühle in dem langgestreckten Tal war an diesem immer sommerlicher werdenden Tag schon als Gewinn zu verbuchen.
Den Unterschied merkte ich spätestens dann, als ich nach gefühlt mehreren Stunden das Tal endlich hinter mir hatte. Es war schon gut heiß geworden, dennoch musste ich langsam meinen Kilometerschnitt wieder aufbessern, wenn ich das Tagesziel erreichen wollte.
Kurz danach wartete aber zunächst ein echtes touristisches Highlight auf mich, welches Nic als einen der Checkpunkte vorgesehen hatte: Der Kobbelner Stein. Ein riesiger Findling mit fast 100m³, der von der Ostseeinsel Bornholm stammt, und den die letzte Eiszeit da wohl vergessen hatte. Die Gemeinde hatte einen hübschen kleinen Park mit Sitzgelegenheiten um den Stein herum eingerichtet, wo ich sehr gut Pause machen konnte. Da sogar noch etwas Infrastruktur für Volksfeste vor Ort war, fand ich sogar ein Klo und einen Wasserhahn, sodass ich meinen Trinkvorrat wieder auffüllen konnte. Mittlerweile war es bereits Mittags gegen halb eins, die Sonne schien ordentlich und mein Wasserbedarf war drastisch angestiegen.
Es ging wieder in die Sonne und zunächst Richtung Kloster Neuzelle, anschließend ein Stück den Oderradweg entlang. Schöner Asphalt auf und neben dem Deich, aber leider, leider, voll im Gegenwind, also auch nicht so richtig Tempo möglich.
Danach bog der Track wieder scharf Richtung Westen, um noch ein paar Ausläufer des Schlaubetals mitzunehmen und letztlich Richtung des Schwielochsees zu führen. Ich entwickelte bei den Ortsdurchfahrten inzwischen einen Blick nach Kirchen und den meist im unmittelbaren Umfeld liegenden Friedhöfen, um Wasser tanken zu können. Einkaufsmöglichkeiten gab es kaum, nur in Steinsdorf war ein Biergarten offen, das war’s …
Als ich dann etwas später auf der Karte sah, dass ich dicht an einem größeren Ort (Friedland) vorbeifahren würde, entschied ich mich für einen Abstecher, um nochmal für den Abend und den nächsten Morgen Essen und Trinken kaufen zu können. Aber, aber, Da.War.Nichts. Nichts. Niente. Nitschewo. Tote Hose. Meine Güte … Ok, der umgepflügte und daher nicht mehr vorhandene Weg auf dem vorgegebenen Track irgendwo zwischen drin hob mich dann auch nicht mehr an. Es war bereits fast halb acht abends und die Sonne nicht mehr so drückend. Es folgten ein paar Zeltplatzpassagen rund um den Schwielochsee, wo ich zumindest mal ein Eis essen konnte, mehr wollte ich gerade auch nicht, mein Essbeutel war ja genaugenommen auch noch nicht wirklich leer.
Direkt in Goyatz kam ich an einer hübschen Strandbar vorbei, wo in wenigen Minuten in Kürze ein deutsches EM-Spiel der Fußballherren gezeigt werden sollte. Ein handvoll Einheimische hatte sich schon entsprechend eingekleidet und wartete auf den baldigen Anpfiff. Na gut, ein Bier schnell auf ex, dann aber lieber weiter und irgendwo einen Schlafplatz suchen. Gegen 9 Uhr hatte ich ihn dann gefunden: Der Friedhof rund um die Kirche in Zaue schien mir sehr geeignet. Eine kleine Anhöhe über dem See, große Bäume mit Schatten und ein Wasserhahn, was will man mehr. Als ich mich dann schon mal zur Probe hingelegt hatte, stellte ich ein Problem fest: Über und über Mücken! Nein, so ging das nicht. Mittlerweile kam die Dämmerung, also ging ich runter an den Strand. Die wenigen Leute dort waren inzwischen weg, es wehte ein kräftiger, aber überhaupt nicht kalter Wind. Das hieß schon mal, keine Mücken! So hab ich dann nach dem Verdrücken fast meiner ganzen Essensreste hervorragend direkt am Strand geschlafen, und brauchte ob der Wärme selbst in der Nacht eigentlich auch den Schlafsack nicht. 230km waren bereits geschafft, ca. 13 Stunden war ich dafür in Bewegung, der Rest waren Pausen. Ich bin zufrieden eingeschlafen und guten Mutes für den nächsten Tag.
Tag 2
Kurz nach 4 Uhr klingelte der Wecker, ich hatte mehr als fünf Stunden geschlafen, bei manchen Ultracyclern würde es heißen, man ließ sich gehen … Das Aufstehen fiel nicht sehr schwer, das Tageslicht war schon gut da, so dass ich in Ruhe die wenigen Sachen einpacken konnte und gegen halb 5 wieder auf dem Rad saß. Die Beine fühlten sich ok an, nur das Sitzen war in bisschen komisch. Naja, dachte ich, ist ja normal nach einem sehr langen Tag im Sattel. Kenne ich eigentlich auch so, und weiß, nach einer kurzen Zeit des Wiedereinsitzens ist das weg. Die ersten Kilometern rollten dank einiger Asphaltpassagen zunächst sehr gut, das Sitzen wurde aber leider nicht besser. Daneben zeigte der Wetterbericht, dass in Kürze eine ordentliche Gewitterfront über mich hinwegziehen sollte. Auf der Karte sah ich, dass es nicht mehr allzu weit bis Kossenblatt sein sollte. Ich wusste, dass ich dort direkt an dem Wasserwanderrastplatz vorbeikommen würde, den ich von Kossenblatter Cross-Triathlon kenne, da der dort als Wechselzone dient. Es gab da eine kleine Schutzhütte, in der ich das Gewitter abwarten wollte. Gegen 6.30 Uhr war ich dort, fast exakt zu Beginn des einsetzenden Starkregens. Vor Ort fand ich eine Gruppe Wasserwanderer, die dort gezeltet hatten und auch schon auf den Beinen waren und sich in der zweiten kleinen Schutzhütte mit dem Frühstück beschäftigte. Am Ende hockte ich mehr als eine Stunde dort, bis zumindest das Gewitter durch war. Eine Stunde, die für das Erreichen des Tagesziels Kloster Chorin schon mal im Eimer war, aber allein im Wald bei Gewitter wollte ich auch nicht sein. Mit den restlichen Tropfen von oben konnte es dann aber weiter gehen. Selchow, Storkow, Wendisch-Rietz, Bad Saarow – das waren die kommenden Orte, die ich mehr oder weniger direkt passierte. Hier und da ein Fischbrötchen, eine Cola, Erbsensuppe. Die Versorgungslage war trotz Sonntag ganz okay, es ist halt eine Ausflugsgegend mit entsprechenden Angeboten, was auch nicht überall in Brandenburg so zu finden ist. Das Wetter wurde trockener, aber so richtig aufziehen wollte es nicht. Die Hitze von gestern stand zwar nicht zu erwarten, dafür stets drohende graue Wolken mit unangenehmem Wind, was auch nicht sehr motivierte. Irgendwie ließen auch meine anfänglichen Sitzbeschwerden nicht wirklich nach, sie wurden eher stärker. Noch ging es aber.
Das erste Mal so richtig schlechte Laune erzeugte dann bei mir die Kursführung in den Rauener Bergen, die mir etwas unnötig umwegig vorkam. Das war sie aber glaube ich letztlich gar nicht. Zur Motivation hilft mir dann meist, laut vor mich hin zu fluchen. Was ich auch ausgiebig tat. Die kurz darauf um die Ecke biegende Spaziergängerin mit ihrem Hund muss das gehört haben und dachte wahrscheinlich, ich hätte sie gemeint, oh mein Gott. Aber immerhin ein Signal, es mit dem Fluchen nicht zu übertreiben 😉 Es folgten nach einer Weile die endlosen Passagen entlang des 66-Seen-Wanderweges. Landschaftlich auch jeden Fall nice, so lange eiszeitlichen Rinnensee-Ketten folgen zu können. Die teils schmalen Wege waren aber an vielen Stellen von umgestürzten Bäumen versperrt, das Gebüsch hing noch gewitterfronterschwert über den ganzen Weg. Bei Tiefensee musste für eine alte Eisenbahntrasse, welche eine der Rinnenseen querte, ein übelster Hang hoch- und wieder runtergeschoben werden. Ich dachte erst, ich sei falsch, war aber in Ordnung so …
Als ich bei Gehrsdorf wieder mal einen solchen Talabschnitt beendet hatte, auf eine Straße kam und dahinter wieder ins grüne Dickicht hinunter sollte, beendete ich das Spiel. Es war bereits gegen 18 Uhr, die Fahrzeiten auf den Abschnitten waren völlig unkalkulierbar geworden und ich wollte nicht im Dunkeln im über und über nassen Wald enden, da ich die Ausrüstung nicht dafür dabei hatte. Licht hatte ich auch nicht dabei, es war ja Ende Juni und mehr als die Tageslichtzeit bereit hält, hatte ich nicht geplant zu fahren.
Bis zu meinem eigentlichen Tagesziel Kloster Chorin waren es laut offiziellem Track noch ca. 30 km. Bei meinem derzeitigen Tempo würde ich es nicht schaffen, im Hellen anzukommen. Also entschied ich mich, den offiziellen Track zu verlassen und ab da auf direkterem Weg Richtung Kloster Chorin zu fahren. Zunächst waren das ganz gute Straßen. Der letzte Abschnitt, der wieder der Originalroute entsprach, führte über eine feinste historische Pflasterstraße durch den Wald von Niederfinow Richtung Kloster. Es dämmerte bereits, ich konnte kaum noch sitzen und das Pflaster gab mir dann den Rest. Gefühlt kämpfte ich mich von Pflasterstein zu Pflasterstein, das Vorderrad fast von einem auf den nächsten Stein hebend. So ungefähr wie bei Paris-Roubaix … Ich wollte in Chorin schauen, ob ich eine Pension finde. Falls ja, dann dort übernachten und morgen schauen, ob und wie es weitergeht. Falls ich nicht fündig werden sollte, war der Plan, direkt mit dem Zug von Chorin nach Hause zu fahren. Die Wetterprognose für morgen lautete: Heavy rain. Ganztägig.
Das Klosterhotel nahm mich trotz extrem mistigem Aussehens auf, auch mein schlammiges Rad durfte ich irgendwo drinnen unterstellen. Also doch erstmal drüber schlafen und schauen wie es weiter geht. Nach dem Duschen und Umziehen war offenkundig geworden, dass mein Hintern mehr oder weniger im Eimer war. Keine Ahnung warum, ich hatte das noch nie, trotz auch bereits sehr langer Radfahrten. Wahrscheinlich bin ich zu selten aus dem Sattel gegangen, hatte am ersten Tag zuviel extra Last auf dem Rücken oder was auch immer: Ich konnte nicht mehr sitzen.
Das Weizenbier im Hotelrestaurant hat zwar bestens geschmeckt, ich rutschte aber ständig auf dem Stuhl hin und her, eine Position suchend, die nicht weh tat. Die Nacht ging das dann so weiter … 194 km waren es heute trotzdem, 1260 Hm, aber aufgrund der wetterbedingten Unterbrechungen und den Boxenstopps hatte ich nur 11 ½ reine Fahrstunden.
Wenn ich die letzten eigentlich nicht „legalen“ Abkürzungen der Strecke mal ignoriere, bin ich immer noch voll im Plan und hätte morgen „nur“ noch ca. 150 km vor mir. Im Vergleich zu den beiden ersten Tagen eigentlich ein Klacks und ich könnte mit „Gold“ finishen.
Das schmerzbedingte nächtliche Hin- und Herwälzen offenbarte dann aber, dass an ein Weiterfahren nicht zu denken war. Also doch ausschlafen, in Ruhe frühstücken und dann direkt zum Startpunkt in Behlendorf zurück, wo mein Auto stand. Ca. 60 km waren es aber doch, in mehr oder weniger starkem Regen – und überwiegend im Stehen: Ich.Konnte.Nicht.Mehr.Sitzen. Unterwegs habe ich in einem Ort kurz in einem Buswartehäuschen eine stärkere Regenpassage abgewartet. Während der Pause wollte ich auf dem Handy das Regenradar beobachten. Aber ich hatte vergessen, dass ich ja noch in Brandenburg war. Kein Empfang. Mitten in einem Ort. An einer Bushaltestelle. Ich konnte es nicht fassen. Wie soll man da den aktuellen Fahrplan abrufen oder gar ein Ticket buchen? Wir sind hier so verloren – oder ist das schon die Umsetzung des Rechtes auf analoges Leben? Bin ich auf jeden Fall dafür, aber man sollte die Wahl haben, meine ich …
Gegen 14 Uhr war ich endlich da, am Auto. Nic war nicht zu Hause, egal. Umziehen, Rad ins Auto und ab nach Hause.
Tag 3
Etwa acht Wochen später, Ende August, es ist ein Donnerstag, kurz nach sieben Uhr morgens. Ich stehe am Bahnhof Chorin, bin eben aus dem Zug gestiegen und möchte noch meine Rechnung mit dem OMBU Bike Man begleichen. Noch ca. 150 Km und sechs Checkpoints fehlen mir für die Vollendung der Runde. Da ich in Chorin aus der Route ausgestiegen bin, muss ich hier wieder einsteigen. Dank Bahnhof hier und auch mit Müncheberg in der Nähe des Ziels in Behlendorf ist das auch gut mit dem Zug zu machen, was übrigens für viele Abschnitte gilt.
Ein Tag bedeutete: keine Übernachtung unterwegs, weniger Gepäck, hieß schneller sein. Ich entschied mich diesmal daher für meinen Gravel-Commuter statt das Mountainbike, was sich als richtige Wahl herausstellte. Der dritte Tag war gefühlt weniger technisch, ein bisschen in den Bergen rund um Bad Freienwalde, ansonsten aber gut rollbar. So war die Pace deutlich besser, was aber sicher auch an dem fehlenden Gepäck lag.
Ob auch für die gesamte Strecke das Gravel die bessere Wahl gewesen wäre, vermag ich gar nicht richtig einzuschätzen. Es gab schon Abschnitte, auf denen ich sehr froh war, auf einem Fully zu sitzen. Aber vielleicht war das auch letztlich mein Problem gewesen: Zu viel sitzen, zu wenig gezwungen sein, aus dem Sattel zu gehen, sei es ob der Anstiege oder um die Unebenheiten besser ausgleichen zu können.
Den konkreten Tag hatte ich spontan anhand des stabilen Wetterberichtes gewählt, kurzfristig frei genommen und die An- und Abfahrt mit dem Zug geplant. Vom Bahnhof Chorin rollte ich zunächst hinunter Richtung Kloster, wo der (virtuelle) Checkpoint war und ich in den Kurs wieder einstieg. Zunächst ging es Richtung Norden, rund um den Parsteiner See, bis fast kurz vor Angermünde. Eine offene Landschaft, sommerliches Wetter und es rollte gut! Viel beschwingter und leichter als mit dem ganzen Gerassel am Bike. Nach Süden dann noch einmal durch Niederfinow, wo ich dank meiner „Abkürzung“ am Tag 2 schon vorbeikam. Der Kurs blieb zunächst unten im Oderbruch, rechts spannten sich aber bereits die teils steilen Abbruchkanten und Höhenzüge, die dann zwischen Falkenberg und Bad Freienwalde so richtig erkundet werden sollten. Der Track führte dort direkt über den dortigen Höhenwanderweg und nahm dabei auch den „Märkischen Watzmann“ mit, eine Erhebung mit sage und schreibe 106 Metern, oder wie die Einheimischen sagen, 1062 Dezimetern. Da sich das Oderbruch in der Gegend bereits nur noch 2-3 Meter über NN befindet, waren das doch teils ordentlich Anstiege, die dann im Wald versteckt lagen.
Kurz nach 13 Uhr erreichte ich dann schon Schloss Neuhardenberg. Es folgte eine recht abenteuerliche Passage durch die Buckower Schweiz, die ich von diversen Orientierungslaufveranstaltungen bereits gut kannte. Mit dem MTB hätte das sicher mehr Spaß gemacht hätte, aber ich kam auch gut mit dem Gravel durch, ab und an kurz schieben war durchaus okay. Gegen halb drei war ich in Buckow, und kurz vor vier dann am Eisernen Denkmal in Behlendorf, meinem Ausgangspunkt im Juni.
Die Runde war vollbracht, es waren nochmal ca. 140 km und 1400 Hm am dritten Tag, wofür ich letztlich ca. 7 h reine Fahrzeit brauchte.
Virtuell auschecken und zurück nach Müncheberg zum Bahnhof, der allerdings weit hinter der Stadt lag. Der stündlich fahrende Zug ist auch nur ein kleines Schienenschwein. In den ersten kam ich nicht rein, weil da bereits eine Ausflugsgruppe mit vielen Rädern drin war. Naja, egal. Die Sonne schien, einen Imbiss am Bahnhof gab es aber leider nicht. So konnte ich kein Siegerbier trinken.
Offiziell gelte ich als „Sammler“, da ich die Abschnitte innerhalb eines Jahres gefahren bin. Gold wäre zumindest fahrtechnisch gut drin gewesen. Ein paar widrige Umstände am zweiten Tag haben das aber verhindert. Mit genauerer Versorgungsplanung und motivierendem Wetter eigentlich kein Ding. Ob ich das nochmal mache, weiß ich aber nicht. Es gibt so viele andere interessante Challenges.
Ein Tipp für die Region ist’s aber mindestens. Ich habe meine Kenntnis von Brandenburg, wo ich auch schon immerhin mehr als 20 Jahre heimisch bin, deutlich erweitert und bin kürzester Zeit Ecken abgefahren, für die ich sonst Jahre des wie auch immer gearteten Einsammelns gebraucht hätte. Danke an Nic für die Idee und letztliche Umsetzung!
Alle Infos zur Strecke, Anmeldung etc.: https://bikeman.multisport-los.de